
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte – Genetisch bedingte Fehlbildung des Mundes
Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte wird in der Fachsprache auch alsCheilognathopalatoschisis bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Missbildung der Mundpartie, die bei Kindern korrigiert werden muss. Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 1.500 Kinder mit dieser Missbildung auf die Welt. Dank der heutigen Ultraschall-Technik, können die meisten werdenden Eltern bereits während der Schwangerschaft auf dieses Problem aufmerksam gemacht werden.
Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte entwickelt sich dadurch, dass sich das Gesicht des Embryos während der Entwicklung im Mutterleib nicht komplett schließt. Diese Missbildung stellt nicht nur ein optisches Problem dar, sondern es kann den Kindern das Leben wirklich schwer machen. Teilweise treten Probleme beim Essen, beim Sprechen, beim Hören oder auch beim Atmen auf. Bei einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist es leider mit einer einfachen Operation nicht getan, denn die Therapie ist sehr langwierig und erfordert viel Geduld von den Eltern.
Erscheinungsformen und Ausprägung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
Es gibt unterschiedliche Erscheinungsformen dieser Missbildung, so dass nicht alle Kinder gleich stark betroffen sind. In der Regel sind neben den Lippen auch der Oberkiefer und der weiche Teil des Gaumens deformiert. Es gibt jedoch auch Kinder, bei denen sich lediglich die Lippen oder der Gaumen nicht geschlossen haben. In diesen leichteren Fällen spricht man dann entweder von einer Lippen- oder einer Gaumenspalte. Es gibt auch noch eine ganz schwache Ausprägung der Lippenspalte, die so genannte Lippenkerbe, bei welcher entweder ein zweigeteiltes Zäpfchen oder eine Hautdefekt an der Oberlippe vorhanden ist. Im Zusammenhang mit der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte treten auch vermehrt Missbildungen anderer Organe auf. Die Missbildung im Bereich des Gesichtes führt zum Näseln beim Sprechen, Problemen bei der Entwicklung der Sprache, teilweise auch Hörstörungen und Deformierungen des Mundes und der Nase.
Ursachen einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
Bei den Ursachen für eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte sind sich die Mediziner nicht einig, so dass nur verschiedene Theorien aufgestellt werden können. Viele Ärzte gehen von einer genetischen Veranlagung aus, da in etwa 15 Prozent der Fälle ein gehäuftes Auftreten innerhalb einer Familie zu beobachten ist. Eine weitere Ursache könnte der Einfluss verschiedener Substanzen während der Schwangerschaft sein. In erster Linie muss hier das Rauchen angeführt werden, doch auch eine Überdosierung von bestimmten Vitaminen, Alkoholkonsum, Sauerstoffmangel oder Vitaminmangel gelten als mögliche Ursachen für das Entstehen einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.
Solche Einflüsse spielen vor allem in den ersten Wochen der Schwangerschaft eine wichtige Rolle, da sich der Embryo in dieser Zeit am schnellsten entwickelt und auch das Gesicht gebildet wird. Wenn es in dieser äußerst sensiblen Phase zu irgendeiner Störung kommt, kann sich das Gesicht des Kindes nicht ordnungsgemäß entwickeln. Eine Lippen- oder Kieferspalte entwickelt sich um die fünfte bis sechste Schwangerschaftswoche, wenn die Nasenwülste nicht vollständig zusammenwachsen. Eine reineGaumenspalte kann dagegen um die zehnte bis zwölfte Schwangerschaftswoche entstehen, da zu diesem Zeitpunkt die so genannten Gaumenfortsätze verwachsen sollten.
Um eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zu erkennen, bedarf es keiner besonderen Untersuchungen, da sie selbst von einem Laien mit bloßem Auge zu erkennen ist. Wenn die Lippen nicht betroffen sind, muss der Arzt einen Blick in den Mund werfen, um eine Gaumenspalte zu diagnostizieren. Heutzutage kann eine solche Missbildung bereits während der Schwangerschaft festgestellt werden. Möglich ist dies erstmals zwischen der 18. und 20. Schwangerschaftswoche, allerdings nur, wenn das Kind so liegt, dass auch das Gesichtchen richtig beurteilt werden kann.
Gerade wenn in der Familie bereits ein Fall einer solchen Missbildung vorgekommen ist, wird derGynäkologe während der Vorsorgeuntersuchungen gezielt darauf achten. Deshalb sollte die werdende Mutter dem Arzt unbedingt davon erzählen, wenn bereits eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte in ihrer Familie oder der ihres Partners vorgekommen ist. Auch wenn die Eltern sich natürlich mit der Diagnose abfinden müssen, so können sie sich dennoch bereits vor der Geburt mit der Problematik auseinandersetzen und sind dann beim ersten Anblick ihres Babys nicht so geschockt.
Wirksame Therapie der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
Bei der Therapie der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geht es um zweierlei Aspekte. Zum einen soll eine ästhetische Korrektur erfolgen, damit das Kind später nicht gehänselt wird. Zum anderen ist jedoch auch der medizinische Aspekt nicht zu verachten. Je früher mit der Therapie begonnen wird, umso weniger wird das Kind in seiner Entwicklung beeinträchtigt werden. Dem Kind wird ermöglicht, dass es normal sprechen lernt und keine Probleme beim Kauen, Hören oder Atmen hat. Damit eine Therapie den größtmöglichen Erfolg bringt, sollten Ärzte aus verschiedenen Bereichen eng zusammenarbeiten. Dabei sind Gesichtschirurgen, Zahnärzte, HNO-Ärzte, Kieferorthopäden und Sprachtherapeuten gleichermaßen gefragt, um dem Kind zu einem weitgehend normalen Leben zu verhelfen. So eine spezielle Therapie nimmt in der Regel mehrere Jahre in Anspruch, und kann sich sogar bis ins Erwachsenenalter hineinziehen.
Wenige Tage nach der Geburt macht der Arzt einen Abdruck des Kiefers, um eine passende Gaumenplatte anfertigen zu lassen. Damit das Baby relativ gut trinken kann, werden die Atemwege mit Hilfe dieser Platte vom Mundraum getrennt. Außerdem wird dem Gaumen beim Wachsen eine Richtung vorgegeben und darüberhinaus die Zungenfunktion und -lage optimiert. In den ersten Lebenstagen wird das Baby außerdem auf mögliche Fehlbildungen innerer Organe untersucht. In den nächsten Lebensjahren soll die Spalte dann durch mehrere operative Eingriffe komplett geschlossen werden.
Wenn das Kind drei bis sechs Monate alt ist, werden zuerst der weiche Gaumen sowie die Lippe und der Oberkiefer operativ verschlossen. Erst wenn das Kind mindestens ein Jahr alt ist, kann am harten Gaumen operiert werden. Nach diesen wichtigen Eingriffen können noch weitere notwendig sein, vor allem um ein ästhetisch ansprechendes Ergebnis zu erhalten. Dabei kann es sich um eine Nasenkorrektur, eine Verbesserung der Zahnstellung, oder eine Korrektur der Lippen handeln.
Während des gesamten Behandlungszeitraumes muss immer wieder das Hörvermögen der Patienten überprüft werden. In einigen Fällen empfiehlt sich auch die Entfernung der Rachenmandeln oder das Einsetzen eines Paukenröhrchens. Eine Begleitung der Therapie durch einen Zahnarzt oder einen Kieferorthopäden, sowie eventuell einer Sprachtherapeutin, ist in vielen Fällen von großem Vorteil.
Autoren & Experte: Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Berlin. Facharzt Innere Medizin & Kardiologie, Lebenszeitprofessor i.R. der Charité Berlin. Geschäftsführender Vorstand der Berlin- brandenburgischen Gesellschaft für Herz- und Kreislauferkrankungen e.V. Journalist: Horst K. Berghäuser Heilpraktiker: Felix Teske Literatur, Quellen und Verweise: Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin Thieme Verlag Praktische Labordiagnostik - Lehrbuch zur Laboratoriumsmedizin, klinischen Chemie und Hämatologie Grönemeyers Buch der Gesundheit Hallesche Krankenversicherung